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Der NS-Strafvollzug an polnischen Häftlingen: Das „Polenlager“ in Eich

Liste der verstorbenen Polen
Liste der verstorbenen Polen

Die polnischen Häftlinge im Eicher Stammlager III
 

Über das Schicksal der polnischen Häftlinge im Eicher Stammlager III, dem „Polenlager“, ist bisher öffentlich kaum etwas bekannt, Informationen lassen sich zunächst über die Einsichtnahme in die Sterbeurkunden der in Eich inhaftierten Häftlinge gewinnen.[16] Auch findet sich eine Liste von 23 in Eich während der NS-Zeit verstorbenen Polen in den Beständen der Arolsen Archives,[17] deren Namen auch zuvor in den Sterbeurkunden verzeichnet worden waren. Bei einem, der in Eich verstorbenen polnischen Häftlingen, handelt es sich um Stanislaus Kropidlowski, geboren am 19. April 1908 Bród (dt. Brod) im Kreis Koło (von 1941–1945 dt. Warthbrücken) in der Wojewodschaft Großpolen. Zu seinen Todesumständen heißt es: „Der Arbeiter Stanislaus Kropidlowski, katholisch, wohnhaft in Buschen Polen, ist am 23. Mai 1942 um 14 Uhr 10 Minuten in Eich im Lager Goethestrasse verstorben. […] der Verstorbene war verheiratet mit Margarete Gruchot.“[18] Als Todesursache wurde Lungentuberkulose angegeben und man beerdigte ihn anschließend auf dem Gemeindefriedhof von Eich im Grab Nr. 6, Reihe 1.[19] Mehr über Kropidlowskis Schicksal lässt sich aus diesen Quellen nicht in Erfahrung bringen, sein Leidensweg bleibt im Dunkeln, es gibt dabei auch kein Foto seiner Person und es ist nicht bekannt, ob Kropidlowskis Angehörigen von seinem Tod in Kenntnis gesetzt wurden. Auch ist der Anlass seiner Inhaftierung bisher unbekannt.

Ein Beispiel für einen polnischen Häftling, bei dem wiederum dieser Anlass bereits aufgeklärt wurde, gibt Wladislaw Sch.[20], geboren 1923 in Boruschin (pl. Boruszyn), Kreis Obornik, in der Wojewodschaft Posen der Zweiten Polnischen Republik (heute Oborniki Wielkopolskie). Während des Krieges musste Sch. Zwangsarbeit im hessischen Löhrbach leisten:

„Am 4. Mai 1943 verurteilte den 19-Jährigen ein Gericht in Mannheim wegen „Unzucht § 175“ zu sechs Monaten Straflager. Zur Strafverbüßung transportierte man ihn in das Gefängnis Lörrach und von dort am 20. März 1944 in das Lager Eich in Rheinhessen, Polenlager, das zur Gruppe der Lager Rodgau gehörte. Dort beschrieb man ihn beim Zugang wie folgt: 1,78 m groß, blaugraue Augen und dunkelblondes Haar. Seine Haftentlassung war für den 19. September 1944 vorgesehen; ob sie tatsächlich geschah, ist nicht vermerkt.“[21]

Abschließend sei noch ein weiterer Häftling des „Polenlagers“ zu nennen: Mordka Fischauf, von Beruf „Fleischer“, geboren am 16. Oktober 1892, verstorben am 1. April 1942 in Eich angeblich an „Darmkatarrh“. Bemerkenswert ist hierbei umso mehr die Frage, warum Fischauf, als jüdischer Pole geführt, nach Eich verbracht worden war. Als früherer Wohnort ist bei Fischauf Chocin (dt. eigentl. Chocen, pl. Choceń) im Kreis Leslau (pl. Włocławek, damals im besetzten Polen im Reichsgau Wartheland) angegeben, als Geburtsort allerdings wird „Posedgön [?] im General-Gouvernement“ genannt, was eine genaue Verortung erschwert.[22]

Diese drei Beispiele machten abschließend deutlich, wie wenig bisher über die Geschichte der Insassen des „Polenlagers“ Eich bekannt ist, und wie wertvoll ihre Erforschung in Zusammenhang mit der Erforschung der Geschichte des Lagers wäre, um die Opfer dem Vergessen zu entreißen.

 

Christof Schimsheimer, November 2021

 

[16] Im Archiv der Gedenkstätte KZ Osthofen sind diese in Kopie einsehbar.

[17] „Informationen über Ausländer, die während des Kriegs im Kreis Worms verstorben sind“, Signatur: DE ITS 2.1.3.1 RP 048 3. https://collections-server.arolsen-archives.org/G/wartime/02010301/0021/134854373/001.jpg (zuletzt aufgerufen am 15.10.2021).

[18] „Personenstandsurkunden Westzone allgemein“, Signatur: 02020202 oS: https://collections-server.arolsen-archives.org/G/wartime/02020202/0109/140604662/001.jpg (zuletzt aufgerufen am 15.10.2021).

[19] „Kartei der verstorbenen Verfolgten (überwiegend französische Zone, auch Franzosen in anderen Zonen)“, Signatur: DE ITS 2.3.3.3: https://collections-server.arolsen-archives.org/G/wartime/02030303/0037/54841200/001.jpg (zuletzt aufgerufen am 15.10.2021).

[20] Nachname wird unter Berufung auf personenschutzrechtliche Gründe von Verfasser des Eintrags, Rainer Hoffschildt, nicht genannt.

[21] Hoffschildt, Rainer: Wladislaw Sch. https://www.der-liebe-wegen.org/?profil=wladislaw-sch (zuletzt aufgerufen am 20.11.2021).

[22] Sterbeurkunde (in Kopie) im Archiv der Gedenkstätte KZ Osthofen, Nr. 10 c Blatt 58, in: Dokumentation zur Geschichte des ehemaligen Reicharbeitsdienstlagers als Gefangenenlager 1939-1945.