KZ Mannheim-Sandhofen

Polnische Gräber in Mannheim
Polnische Gräber in Mannheim

Zwei Mal täglich sahen die Stadtbewohner die zur fünf Kilometer entfernten Arbeitsstelle marschierende Gefangenenkolonne, die von Schreien und Schlägen der Aufseher getrieben, von den Bewohnern mit Dreck, Steinen sowie Schimpf beworfen wurden und ihren Mithäftlingen, die nicht mehr selbst gehen konnten, halfen oder sie trugen. Die mörderische Arbeit im Zweischichtsystem (mit Hin- und Rückweg 14 bis 15 Stunden) sowie die Bedingungen im Lager zerstörten die Körper der Gefangenen sehr schnell. Vom SS-Aufseher abgesehen, der einen Häftling misshandeln oder töten konnte, waren die unzureichende Nahrung und die Kälte die größten Gegner. Die Tagesration bestand aus einem Frühstück in Form von minderwertigem Malzkaffeeersatz, einer wässrigen Suppe mit geringer Menge an Kartoffeln, Kohl und Roten Beeten zum Mittagessen, und demselben Kaffee oder derselben Suppe mit einem Kilo Brot samt 29 Gram Margarine für drei Personen zum Abendessen. Die Warschauer Gruppe kam in Kleidung aus leichtem Stoff aus Dachau an, ohne Möglichkeit des Wechsels oder der Wäsche musste das als Arbeits- und Lagerkleidung bis zur Befreiung reichen. Eine Art der Schikanen waren Strafen für den Besitz von wärmendem Material unter dem Drillich wie Zeitungen oder Betonsäcke, wofür sofort geschlagen und zusätzlich ein Antrag auf Bestrafung beim Lagerkommando eingereicht wurde. Die Strafen wurden während des Abendappells nach der Rückkehr von der Arbeit vor der Verteilung des Abendessens verlautbart und ausgeführt. Es kam auch zu zusätzlichen Appellen in der freien Zeit, die im Laufen oder Kriechen über den Platz, stundenlangem Stehen oder dem Hochhalten von Ziegelsteinen während des Kniens bestanden.

Die Krankenstation war ständig überfüllt, auf Geheiß des Lagerkommandanten durften sich dort nicht mehr als 100 Kranke gleichzeitig aufhalten, für die Überschreitung dieser Anzahl wurde der Insasse, der die Funktion eines Sanitäters ausübte, mit Schlägen bestraft. Dieser besaß neben einer minimalen Menge an Verbandsmaterial ein Thermometer und für besonders hohes Fieber einige Tabletten eines Erkältungsmittels. In solchen Fällen konnte der Lagerarzt, ein französischer Kriegsgefangener, eine eintägige Befreiung von der Arbeit veranlassen, sodass der Kranke im Lager blieb, wo er aufgrund der Lagerregeln kein Recht hatte, auf einer Pritsche zu sitzen oder zu liegen. Er konnte stehen oder gehen. Die Daimler-Benz AG entledigte sich der unproduktiven Sklaven, indem sie im Dezember 1944 200 der erschöpftesten und kränksten Zwangsarbeiter ins Todeslager Vaihingen schickte, wo innerhalb einer Woche 111 von ihnen starben. 400 Gefangene kamen in das KZ Buchenwald, 200 ins Unterlager Unterriexingen. Der letzte Transport von ungefähr 90 Kranken, die an überwiegend schwerer Tuberkulose und am Hungerödem litten und sich nicht auf ihren Beinen halten konnten, machte sich am 8. März 1945 nach Vaihingen auf den Weg.

Die übrigen 200 zur Arbeit fähigen Häftlinge wurden am 22. März 1945 mit einem Todesmarsch ins Nebenlager Kochendorf evakuiert. Anfang April macht sich mit den Gefangenen aus Kochendorf und dem Nebenlager Hessental ein mörderischer Marsch auf den Weg, der als Hessentaler Todesmarsch bekannt ist. Über eine von hunderten Gräbern gesäumte Strecke erreichten die kurz vor der Entkräftung stehenden aber noch lebenden Insassen das KZ Dachau. Eine kleine Gruppe der 1.060 Personen des Warschauer Transportes wurde am 29. April 1945 von Einheiten der amerikanischen Armee befreit.

Zum ersten Mal nach dem Ende des Krieges gelangten mittels eines Berichts des Mannheimer Morgens über die Abhaltung des Volkstrauertages 1978 Informationen über die Existenz eines Konzentrationslagers in Mannheim-Sandhofen ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Die im Stadtjugendring Mannheim e.V. versammelte Jugend, die an den Feierlichkeiten teilnahm, erfuhr so von diesen Fakten. Die junge, nicht direkt von den Kriegsverbrechen betroffene Generation, forderte und initiierte ein Gedenken des Lagers. 1995 wurden an der Fassade des Gebäudes, in dem die Polen festgehalten wurden, zwei neue Gedenktafeln enthüllt, eine davon mit einem polnischen Text: 

 

IN DIESEM SCHULGEBÄUDE WAREN VON SEPT. 1944 BIS MÄRZ 1945 1060 POLEN INHAFTIERT. HIER LITTEN UND STARBEN WARSCHAUER AUFSTÄNDISCHE, DIE ÜBER DAS KONZENTRATIONSLAGER DACHAU IN DAS AUßENKOMMANDO SANDHOFEN DES KONZENTRATIONSLAGERS NATZWEILER–STRUTHOF VERSCHLEPPT UND ZUR ZWANGSARBEIT BEIM UNTERNEHMEN DAIMLER–BENZ EINGESETZT WORDEN WAREN.

 

Die offizielle Anzahl Warschauer Opfer des KZs Mannheim-Sandhofen beträgt 22 Häftlinge, einer ist nicht registriert. Sie wurden auf dem Mannheimer Hauptfriedhof an der Röntgenstraße beigesetzt, wo ebenfalls 149 polnische und russische Opfer des Zweiten Weltkrieges ihre letzte Ruhestätte fanden (die originale deutsche Schreibweise wurde beibehalten):

 

JANKOWSKI EDMUND

* 1911

† 20.10.1944

 

MURAWSKI LEON

† 7.11.1944

 

BOCHINSKI WACŁAW

* 4.8.1889

† 12.11.1944

 

REBUS ANTONIE

* 1908

† 1.12.1944

 

SLOWIK MIECZYSLAW

* 12.7.1910

† 10.12.1944

 

GALBAWRCZYK STANISLAW

* 1904

† 15.12.1944

 

NASTAZIAK JOSEF

* 1910

† 15.12.1944

 

CHMURZYNSKI TADEUSZ

† 15.12.1944

 

WIECKOWSKI ZBIGNIEW

† 15.12.1944

 

KOMMDARSKI JAN

* 23.03.1918

† 17.12.1944

 

KRAINSKI MARIAN

* 25.6.1912

† 4.1.1945

 

KOCHANOWSKI STANISLAW

* 28.5.1905

† 19.1.1945

 

GETKE WACLAW

† 23.1.1945

 

KOMASZEWSKI STANISLAW

* 12.11.1906

† 24.1.1945

 

SZELIGA ZDZISLAW

* 1924

† 2.2.1945

 

BYZE NOCBECK

† 2.2.1945

 

CHGNACKI JAKOB

 † 16.2.1945

 

SKORA WALERY

† 19.2.1945

 

MACIYONSKI PIOTR

† 1.3.1945

 

BOJANOWSKI JOSEF

* 22.2.1907

† 3.3.1945

 

DWOJAKOWSKI JERZY

* 1904

† 6.3.1945

 

WISNIEWSKI FRANCISZEK

* 28.6.1905

† 7.3.1945

 

WIŚNIEWSKI TADEUSZ

† 15.12.1945

Mediathek Sorted

Mediathek
  • Grabsteine der Polen und Gedenktafel am Schulgebäude

  • Grabsteine der Polen und Gedenktafel am Schulgebäude

  • Grabsteine der Polen und Gedenktafel am Schulgebäude

  • Grabsteine der Polen und Gedenktafel am Schulgebäude

  • Grabsteine der Polen und Gedenktafel am Schulgebäude

  • Grabsteine der Polen und Gedenktafel am Schulgebäude

  • Grabsteine der Polen und Gedenktafel am Schulgebäude

  • Grabsteine der Polen und Gedenktafel am Schulgebäude

  • Grabsteine der Polen und Gedenktafel am Schulgebäude

  • Grabsteine der Polen und Gedenktafel am Schulgebäude

  • Grabsteine der Polen und Gedenktafel am Schulgebäude

  • Grabsteine der Polen und Gedenktafel am Schulgebäude

  • Grabsteine der Polen und Gedenktafel am Schulgebäude

  • Grabsteine der Polen und Gedenktafel am Schulgebäude

  • Grabsteine der Polen und Gedenktafel am Schulgebäude