KZ Neuengamme
Bis zur Befreiung der letzten Insassen des Lagers Neuengammes am 10. Mai 1945 befanden sich im Konzentrationslager und seinen 85 Nebenlagern 100.400 Menschen: 20.000 Russen, 17.000 Polen, 11.500 Franzosen, 10.500 Ukrainer, 9.500 Deutsche, 7.000 Niederländer und 5.000 Dänen, insgesamt 80.000 Männer, 13.000 Frauen, 5.900 Nicht-Registrierte und einige tausend, die auf ihrem Weg in andere Lager hindurchgingen. Vom Dezember 1938 bis Mai 1945 verloren an diesen Orten ungefähr 5.000 Menschen ihr Leben. Sie unterlagen Schlägen und Hunger, ermordet durch Arbeit bis zur Überlastung für die Rüstungsindustrie. Durch Erschießen und Erhängen verloren mindestens 2.000 Bürger verschiedener Nationalitäten ihr Leben, darunter auch Polen. Sie wurden wegen ihrer oppositionellen Haltung gegenüber Hitlers Regime, ihrer nationalen Zugehörigkeit, ihres Glaubens und ihrer sexuellen Orientierung getötet. Sie waren Opfer verbrecherischer, sadistischer und pseudomedizinischer Experimente sowie des Gases Zyklon B, mit dem 448 russische Kriegsgefangene 1942 vergiftet wurden. Zum Ende des Jahres 1944 betrug die Anzahl der Toten 2.500. Evakuierungsmärsche und -Transporte forderten 1945 16.000 Menschenleben, davon 7.100 auf Schiffen, die in der Lübecker Bucht vor Anker lagen. Die Opfer wurden auf dem Hamburger Friedhof in Ohlsdorf begraben und im Lagerkrematorium verbrannt, zunächst in zwei dann in vier Öfen. Zur Zeit der höchsten Sterblichkeit wurde auch das Krematorium des Friedhofes Ohlsdorf benutzt. Die Asche diente zum Teil als Dünger für auf dem Lagergelände betriebenen Gartenbau oder wurde in den auf Kosten hunderter Opfer ausgebauten Kanal zwischen der Ziegelei und der Elbe geworfen.
In einem Transport am 24. August 1944 zum Nebenlager Neuengamme-Alt Garge befand sich eine selektierte Gruppe von 5.000 Männern überwiegend aus Warschau. Während der Komplettierung des Transports musste jeder aus der Gruppe leserlich ein Formular unterschreiben, welches festhielt, dass der Unterzeichner kein Gefangener sei, sondern aufgrund des Warschauer Aufstandes evakuiert und bis Kriegsende interniert werde. Die Bedingungen, die mörderische Arbeit und die Morde der SS unterschieden sich aber nicht von den Bedingungen anderer Konzentrationslager. Während der Existenz des Nebenlagers vom 24. August 1944 bis zum 15. Februar 1945 starben 49 Häftlinge, die auf dem Friedhof in Barskamp begraben wurden. Dabei handelt es sich um direkt im Lager Verstorbene oder Getötete, eine Gruppe unbekannter Größe völlig entkräfteter oder kranker Personen wurde in das Stammlager in Neuengamme geschickt, was in den meisten der Fälle einem Todesurteil gleichkam. Die Warschauer sollten für den Aufstand bestraft werden. Nach der Selektion gelangten sie weiter in verschiedene Nebenlager, wo sie Schwerstarbeit zu verrichten hatten. Zudem beseitigten sie die Folgen der zunehmenden alliierten Bombenangriffe und Blindgänger in Hamburg und anliegenden Industriegebieten. Sie arbeiteten in einem Rhythmus von zwölf Stunden. Die Anzahl der Todesopfer unter den 6.750 Polinnen und Polen der Warschauer Aufstandstransporte ist unbekannt. Jung und gesund, zur Vernichtung durch Arbeit selektiert, hatten sie eine Überlebenschance. Alte, Kranke und Arbeitsunfähige wiederum starben unter den Bedingungen im Hauptlager oder wurden auf den Evakuierungsmärschen getötet.
Nach Beendigung der Kampfhandlungen schuf die englische Besatzungsmacht auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers einen Internierungsort für Angehörige der SS, der Gestapo, Funktionäre der NSDAP und der Wehrmacht. Nach Ermittlungen und der Vorbereitung einer Anklage fand von März bis Mai 1946 im Hamburger Curiohaus der Prozess gegen die 14 Hauptverantwortlichen des Lagers Neuengamme statt. Der ehemalige Lagerkommandant und zehn Mitglieder der SS-Wachmannschaft wurden zu Tode verurteilt, die Urteile wurden im Oktober 1946 in einem Gefängnis in Hameln vollstreckt. Weitere Prozesse vor englischen Militärgerichten und später vor deutschen Zivilgerichten erlaubten es einem Teil der SS-Angehörigen, der Verantwortung für ihr verbrecherisches Handeln zu entgehen.
Auf dem Gelände des Gedenkortes Neuengamme wurde 1999 ein polnisches Denkmal für die Opfer des Warschauer Aufstandes enthüllt. Später wurde zudem eine Informationstafel mit einem Text auf Deutsch, Englisch, Französisch und Polnisch aufgestellt.