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Behörden im Ruhrgebiet und polnischsprachige Personen

Mehrsprachiger Flyer auf der Homepage des Gesundheitsamts Bochum
Mehrsprachiger Flyer auf der Homepage des Gesundheitsamts Bochum

Wie richten sich die Behörden im Ruhrgebiet an polnischsprachige Personen?

 

Um herauszufinden, inwiefern die  Einwohnermeldeämter, Arbeitsämter, Finanzämter und Familienbüros im Ruhrgebiet auf polnischsprachige Migranten vorbereitet sind, haben wir die genannten Behörden in den Städten Bochum, Dortmund, Essen und Hattingen aufgesucht und in Bezug auf Informationsmaterialien und Angebote untersucht. Hintergrund hierfür ist die dem Projekt LUCIDE (Languages in Urban Communities Integration and Diversity for Europe) zugehörige Studie von Peter Skrandies von Januar 2016. Sie belegt, dass Institutionen in den 16 weltweit untersuchten Großstädten vorwiegend in der jeweiligen Landessprache und somit auch im Umgang mit fremdsprachigen Klienten nach Möglichkeit einsprachig arbeiten. Es gibt zusätzlich unterschiedlich gut ausgebaute Angebote in den jeweiligen Migrantensprachen, die insgesamt allerdings oftmals zu sehr vernachlässigt werden. Wie sieht dieses in Bezug auf das Polnische im Ruhrgebiet aus?

In den Einwohnermeldeämtern herrscht ein klar einsprachiges Bild vor: Hier gibt es in den Städten ausschließlich deutschsprachiges Material. Im Gegensatz dazu sind die Gesundheitsämter sprachlich etwas breiter aufgestellt. Die häufigsten im Informationsmaterial vertretenen Migrationssprachen (ausgenommen also Sprachen mit anderen Verwendungsbereichen und hohem Prestige wie vor allem dem Englischen) sind z.B. Arabisch und Türkisch. Polnische Informationen werden nur vereinzelt angeboten.

Auch die Arbeitsämter bzw. Jobcenter sind kaum auf polnischsprachige Klienten eingestellt. Grundsätzlich ist es möglich, dass vom Amt bezahlte Dolmetscher eingesetzt werden. Allerdings ist die Nachfrage vor allem für Arabisch aufgrund der aktuellen Ereignisse so präsent, dass dadurch nicht nur das Polnische, sondern beispielsweise auch das Türkische marginalisiert werden. Immerhin findet man auf der Homepage der Bundesagentur für Arbeit ausführliche polnische Übersetzungen z.B. von Ausfüllhinweisen zum Arbeitslosengeld II.

In den von uns untersuchten Finanzämtern stehen ebenfalls weitgehend nur deutschsprachige Informationen zur Verfügung. Im Finanzamt Essen gibt es darüber hinaus eine interne Liste, die Informationen zu Sprachkenntnissen der Mitarbeitenden auflistet. So konnten durch Hinzuziehen polnischsprachiger Mitarbeiter zu einem Beratungsgespräch mit polnischsprachigen Klienten bereits mehrfach Sprachbarrieren überwunden werden. Unterstützend dazu bietet der Arbeitnehmer Lohnsteuerhilfeverein (ALV E.V.) mit Anlaufstellen in Essen und Bochum Beratungen in polnischer Sprache für Arbeitnehmer und Rentner an.

Ein anderes Bild zeichnen die Behörden, die sich an junge Familien richten. Hier ist ein Wandel im Umgang mit der Mehrsprachigkeit zu beobachten: Es gibt Informationsveranstaltungen und mehrsprachige (Spiel)gruppen, die die multilinguale Erziehung ermutigen möchten. Da dieser Prozess erst seit einigen Jahren stattfindet, ist anzumerken, dass zwischen den fremdsprachigen Flyern, Broschüren und Informationen nicht immer auch eine polnische Übersetzung aufzufinden ist. Das Polnische ist hier also nicht konsequent, aber trotzdem sichtbar vertreten.  

Zusammenfassend zeigt sich ein überwiegend deutsches, also landessprachliches Informations- und Beratungsangebot, was im Vergleich zur Studie von Skrandies 2016 dem europaweiten Durchschnitt entspricht. In Bezug auf den Umgang mit polnischsprachigen Klienten gibt es ein weites Spektrum zwischen den einzelnen Behörden: vom völligen Fehlen polnischsprachiger Angebote über polnischsprachige Materialien in der Auslage oder im Internet, sporadische Übersetzungen durch Mitarbeiter beziehungsweise Dolmetscher, bis hin zu gezielten polnischsprachigen Angeboten der Städte oder Vereine.

 

Dorothea Laszczak, Anke Luislampe, Tanja Mlynczak und Kerstin Niestroj, Februar 2021

 

Zitierte Literatur:

Skrandies, P. 2016 Language Policies and the Politics of Urban Multilingualism. In: L. King, L. Carson: The Multilingual City. Vitality, Conflict and Change, Bristol et al.: Multilingual Matters, 115-146.

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